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Erinnerungen an die Zeit der Wende: Der Mann mit dem roten Schal feiert 75. Geburtstag

von KLAUS KELLE

BERLIN – Er war der „Mann mit dem roten Schal“ und als Regierender Bürgermeister zur Wendezeit lenkte er die noch getrennte Stadt, obwohl er genau genommen kein Mandat dazu hatte. Ich erinnere mich noch lebhaft an ein Pressegespräch im Roten Rathaus, bei dem Walter Momper wenige Tage nach der Maueröffnung im November 1989 seine Notfallpläne vortrug, falls die Müllabfuhr im Ostteil der Stadt zusammenbreche. Die Gefahr bestand konkret, denn viele Mitarbeiter erschienen nicht mehr zur Arbeit, hatten sich zu Verwandten in den Westen abgesetzt. Der Mann mit dem roten Schal, der in diesen Tagen in der ganze Welt bekannt wurde, blieb besonnen.

In einem Punkt allerdings irrte er, nämlich was den Freiheitswillen der Deutschen in der DDR betraf. Als bei Demonstrationen in Leipzig und anderswo erste Sprechchöre nach „Deutschland, einig Vaterland“ laut wurden, wiegelte er barsch ab und befand: „Hier geht es um Wiedersehen und nicht um Wiedervereinigung“. Doch genau das war eine Fehleinschätzung. Auch 28 Jahre nach der Teilung gab es einen geradezu sehnlichen Wunsch, wieder als ein Volk zusammenzuleben – egal, wie steinig der Weg sein würde.

Was Bundeskanzler Helmut Kohl auf internationaler Ebene war, der den Weg zur Deutschen Einheit ebnete mit Vodka in der Saune und Saumagenessen in Oggersheim, war Walter Momper in Berlin der Mann, der die Übersicht behielt, der pragmatisch regelte, was zu regeln war, und der für die Öffentlichkeit der ruhende Pol blieb, der die Übersicht behielt, der stets ruhig blieb.

Walter Momper ist Sozialdemokrat, kein Genosse von mir. Aber er ist einer dieser Sozis, die ich zutiefst respektiere wie zum Beispiel auch Peer Steinbrück. Und ich bin dankbar, dass ich Momper in diesen Monaten aus der Nähe bei der Arbeit beobachten und darüber berichten durfte als Politikverantwortlicher beim überaus erfolgreichen Privatsender Radio Hundert, 6. Unvergessen die Reisen mit ihm Anfang 1990 nach Paris und London, die Hintergrundgespräche spät nachts beim Bier im Hotel „Athenaeum“ im nobeln Stadtteil Mayfair.

Der aktuelle Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), gratulierte jetzt seinem Amtsvorgänger und früheren Präsidenten des Abgeordnetenhauses zum 75.  Geburtstag (21. Februar). Müller: „Walter Momper, der ehemalige Regierende Bürgermeister mit dem roten Schal, hat in seiner Amtszeit unsere Stadt mit Weitsicht, Besonnenheit und sicherer Hand geleitet. Es waren Zeiten, die einen Aufbruch für Berlin und unser ganzes Land versprachen. Walter Mompers Verdienste als Regierender Bürgermeister und als Präsident des Abgeordnetenhauses haben die politische Kultur dieser Stadt geprägt. Sie tun es bis heute.“

Herzlichen Glückwunsch, lieber Walter Momper!