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Enges Rennen zwischen Grünen und SPD bei Berliner Abgeordnetenhaus-Wahl

BERLIN Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus liefern sich SPD und Grüne ein extrem enges Rennen um Platz eins. In der ersten Hochrechnung des RBB am Sonntagabend liegen beide Parteien fast gleichauf: die Grünen bei 22,5 Prozent, die SPD bei 21,9 Prozent.

Wer neue Regierende Bürgermeisterin wird, ist noch nicht klar: SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey oder ihre grüne Konkurrentin Bettina Jarasch. Amtsinhaber Michael Müller (SPD) gibt das Amt ab, um in den Bundestag zu wechseln.

Unklar sind auch die Koalitionsoptionen. Eine Fortsetzung des regierenden rot-rot-grünen Bündnisses ist wohl in jedem Fall möglich, denn die Linken erreichen laut Hochrechnung 14,2 Prozent.

Denkbar sind aber auch andere Dreierbündnisse. CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner sagte, seine Partei sei angetreten, um Rot-Rot-Grün zu beenden, und die Zahlen könnten das vielleicht auch noch hergeben. Die CDU erreicht allerdings laut Hochrechnung wieder eines der schlechtesten Ergebnisse der Nachkriegszeit: 16,1 Prozent.

Die FDP kommt in der Hochrechnung auf 7,6 Prozent und ist damit geringfügig besser als 2016. Die AfD stürzt laut Hochrechnung regelrecht ab auf 6,8 Prozent – etwa die Hälfte des Werts vor fünf Jahren.

Grünen-Spitzenkandidatin Jarasch zeigte sich begeistert über die Prognosen. «Berlin hat gewählt und es ist großartig», sagte sie. Die Grünen hätten eine Aufholjagd ohnegleichen hingelegt – denn in Umfragen vor der Wahl lag die Partei meist deutlich hinter der SPD. «Ich bin völlig überwältigt.» Sie bekräftigte ihren Anspruch auf das Amt der Regierungschefin.

Aber auch Giffey äußerte sich kämpferisch. Noch sei nichts entschieden. Die SPD-Wahlkämpfer hätten in guten und in schlechten Tagen zu ihr gestanden. Ziel sei, weiter gute sozialdemokratische Politik zu machen. Auch SPD-Vizechef und Innensenator Andreas Geisel warnte vor voreiligen Schlüssen nach den Prognosen. Es werde noch eine lange Nacht.

In der Hauptstadt war der Sonntag ein Superwahltag. Die Berlinerinnen und Berliner konnten neben dem Abgeordnetenhaus auch den neuen Bundestag und zwölf neue Bezirksparlamente wählen. Außerdem stimmten sie bei einem Volksentscheid darüber ab, ob große Wohnungskonzerne enteignet werden sollen.

Der Wahlkampf war geprägt von den Themen Mieten und Wohnen, Verkehr, Klimaschutz, Bildung und Corona. Wahlberechtigt waren 2,45 Millionen Menschen. Den ganzen Tag über gab es organisatorische Schwierigkeiten bei der Stimmabgabe in Berlin. Kurz vor der offiziellen Schließung der Wahllokale standen vielerorts noch Wählerinnen und Wähler Schlange.

2016 hatte die SPD die Wahl zum Abgeordnetenhaus mit 21,6 Prozent der Zweitstimmen gewonnen – ihrem schlechtesten Ergebnis in Berlin seit 1946. Die CDU erreichte damals 17,6 Prozent, ebenfalls ein historisches Tief. Die Linke kam vor fünf Jahren auf 15,6 Prozent, die Grünen auf 15,2 Prozent. Die AfD war mit 14,2 Prozent erstmals in das Abgeordnetenhaus eingezogen, die FDP schaffte 6,7 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag damals bei 66,9 Prozent.

Das Berliner Landesparlament besteht aus mindestens 130 Abgeordneten, aktuell sind es durch Überhang- und Ausgleichsmandate 160. Dieses Mal bewarben sich 34 Parteien mit Landes- oder Bezirkslisten um die Zweitstimmen der Wählerinnen und Wähler. 2016 waren es 21. Wegen Corona wurde diesmal eine Rekordzahl an Briefwählern erwartet. 2016 entfielen 29,2 Prozent der abgegebenen Stimmen auf Briefwähler, bei der Bundestagswahl 2017 waren es in Berlin 33,4 Prozent.