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Streit um Kriminalität und Antisemitismus in Neukölln

von Klaus Kelle

Ich weiß nicht, ob man urteilen kann, Berlin sei im Würgegriff der Organisierten Kriminalität (OK), aber dass sogenannte Familienclans ein Problem für die Innere Sicherheit dieser Stadt sind, ist selbst für Zeitungsleser unübersehbar.

In der Morgenpost wird Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) heute zitiert: „Wir haben in diesem Jahr alleine bei den Verbundeinsätzen 64 Geldspielgeräte versiegelt und elf beschlagnahmt. Damit wird aktiv Geldwäsche verhindert. Mehrere Dutzend Kilo unversteuerter Tabak, acht Verstöße gegen das Waffengesetz, ständige Funde von illegalen Drogen und zahlreiche vollstreckte Haftbefehle sprechen eine klare Sprache.“

Und weil das so ist, geht die Kripo immer wieder gegen Shisha-Bars vor, um die Gesundheit und Sicherheit der Gäste zu garantieren. Hikel weißt darauf hin, dass es in  Neukölln keine rechtsfreien Räume gäbe, und dass „selbstverständlich“ nicht jeder Shisha-Barbetreiber und Gast kriminell sei. Aber solange dort „grobe Verstöße gegen geltende Gesetze“ vorkämen, müsse „der Rechtsstaat dranbleiben“.

Shisha-Bars und Wettbüros stehen dabei im Fokus des polizeilichen Interesses, „Nadelstiche gegen kriminelle Großfammilien“ seien deshalb angesagt.

So weit so gut und nachvollziehbar. Doch jetzt hat sich eine „Neuköllner Initiative ‚Kein Generalverdacht'“ zu Wort gemeldet. Die Schwerpunktkontrollen von Polizei und Ordnungsbehören seien „Schikane und Willkür“. In Medien werde „ein durch Vorurteile verzerrtes Bild von Neukölln als Gefahrenzone“ gezeichnet und würden diese Einrichtungen unter einen Generalverdacht gestellt.

Am kommenden Dienstagabend ab 19 Uhr will die Initiative einen Flashmob „als Aufbegehren gegen Schikane und Willkür im Rahmen der Shisha-Bar-Razzien“, veranstalten. Die Linke in Neukölln wirbt auf ihrer Internetseite für die Aktion. Das ist deshalb bemerkenswert, weil die Partei vor nicht allzulanger Zeit gegen eine gemeinsame BVV-Entschließung gestimmt hatte, die Antisemitismus im Bezirk konsequent verurteilte.  Es ging dabei um Ausschreitungen während des „Palästinensertags“ auf dem Hermannplatz Anfang Mai. Dabei wurde ein Israeli von Migranten angegriffen. Für die Linke in Neukölln nur das Werk eines „betrunkenen Provokateurs“.

Thomas Licher, Fraktionsvorsitzender der Linke in der BVV, trat daraufhin aus dem Neuköllner Bezirksverband seiner Partei aus. In einem Brief schrieb er damals: „Die Solidarisierung mit arabischen Großfamilien und Verteidigung dieser vor dem Vorwurf der ‘Bandenkriminalität’ halte ich für politisch falsch und ist für Außenstehende in keiner Weise nachvollziehbar.“

Dem kann man sich vorbehaltlos anschließen.