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SPD und Grüne sondieren Senatsbildung in Dreierformaten weiter

Erste wichtige Weichenstellung nach der Abgeordnetenhauswahl in Berlin, aber noch keine klare Vorentscheidung für die Regierungsbildung: Die SPD als Wahlsieger gab am Freitag bekannt, dass sie nun in zwei Dreierformaten über eine Regierungsbildung sprechen will.

In der kommenden Woche seien zum einen Sondierungen mit Grünen und FDP geplant, zum anderen mit Grünen und Linken, teilte die SPD-Spitzenkandidatin bei der Abgeordnetenhauswahl und designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey nach einer Sitzung des Landesvorstandes mit.

Die Präferenz für die SPD sei ein Ampelbündnis mit Grünen und FDP, fügte sie hinzu. «Diese Präferenz orientiert sich an der Entwicklung, die wir gerade im Bund sehen.» Auch auf Bundesebene sondieren die drei Parteien im Moment. Die Berliner Dreiergespräche sind für Montag (mit FDP) und Dienstag (mit Linken) geplant.

Die Grünen ziehen mit. «Wir folgen gerne dem Wunsch der SPD, nochmal Dreiergespräche zu führen und dann auf dieser Grundlage eine gute, fundierte Entscheidung treffen zu können», sagte Spitzenkandidatin Bettina Jarasch nach einer Gremiensitzung ihrer Partei.

Seit 2016 wird Berlin von einer rot-rot-grünen Koalition unter Führung der SPD regiert. Ein einfaches «Weiter so» könne nicht die Antwort auf die Zukunftsfragen der Stadt sein, sagte Giffey.

Wunschbündnis für Grüne: Rot-Grün-Rot

Jarasch betonte, dass das Wunschbündnis für die Grünen weiterhin Rot-Grün-Rot sei. «Wir haben diese Präferenz immer noch, glauben, dass das die beste Regierung wäre, um die Herausforderungen anzugehen, die bevorstehen.»

Die Linke zeigte sich verwundert vor allem über die SPD. «Wir haben sowohl mit der SPD als auch den Grünen in den letzten Tagen sehr vertrauensvolle, gute Gespräche geführt und bereits viele inhaltliche Schnittmengen festgehalten», erklärte die Linken-Landesvorsitzende Katina Schubert. «Deshalb sind wir erstaunt, dass jetzt gleichzeitig zwei Koalitionsoptionen weiter sondiert werden sollen.»

Die Berliner FDP kritisierte die Ankündigung der SPD: «Von dem von der SPD Berlin vorgeschlagenen Weg der doppelten Dreier-Sondierung sind wir überrascht», teilten FDP-Parteichef Christoph Meyer und FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja am Freitagabend mit. «Parallele Sondierungen sind ein wenig wertschätzender Zustand für alle Verhandlungspartner, der nicht von Dauer sein darf.» Die Einladung zum Sondierungsgespräch am Montag sagten die FDP-Politiker zu.

Nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 26. September hatten zunächst SPD, Grüne, CDU, Linke und FDP in Zweierformaten Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Hinblick auf eine mögliche Koalition ausgelotet. Denn rechnerisch möglich sind nach der Wahl eine ganze Reihe von Dreierbündnissen.

CDU vorest außen vor

Auch die CDU hatte sich Chancen auf eine Regierungsbeteiligung ausgerechnet, ist nun aber erst mal raus. «In Berlin ist wohl weiter-so oder weiter-so-light angesagt», erklärte CDU-Chef Kai Wegner enttäuscht. «Weder mit der Ampel noch mit Rot-Grün-Rot wird es einen Neustart für Berlin geben, dabei wäre dieser so dringend notwendig.» Die CDU stehe weiter für Gespräche darüber bereit.

Für Giffey und die SPD war die Wahl am 26. September kein Ruhmesblatt. Laut vorläufigem Endergebnis kamen die Sozialdemokraten auf 21,4 Prozent: Ihr schlechtestes Ergebnis nach dem Krieg. Sie wurden damit aber stärkste Partei. Die Grünen steigerten sich auf ihr bestes Berliner Landesergebnis von 18,9 Prozent. Die CDU auf Platz drei schnitt mit 18,1 Prozent nur leicht besser ab als bei ihrem historisch schlechtesten Resultat 2016. Die Linke verlor leicht und kam auf 14,0 Prozent, die AfD nach deutlichen Verlusten auf 8,0 Prozent und die FDP mit leichten Gewinnen auf 7,2 Prozent.




„Vermieterschwein“-Skandal: 29 Stimmen reichten, um in den HU-Senat einzuziehen

BERLIN – Der Juso Bengt Rüstemeier hat nach massiver Kritik an seinen Gewaltphantasien gegen „Vermieterschweine“, die zu erschießen seien, seine Funktionen in SPD und bei den Jungsozialisten niedergelegt. Damit kam er entsprechenden Aufforderungen aus Partei und Jugendorganisation nach. Zu amazon-Gründer Jeff Bezos hatte der Jung-Politiker getweetet: „Sollte jeff bezos eines tages unerwartet den folgen einer sprengstoffverletzung erliegen, käme ich nicht umhin, eine klammheimliche freude zu verspüren.“

Inzwischen rückt immer mehr eine andere Beschäftigung Rüstemeiers in den Vordergrund. Die CDU-Fraktion hält den Juso nach den widerwärtigen Äußerungen auf Twitter „als Mitglied des Akademischen Senats der Humboldt Universität für untragbar“. „Jemand, der über Wochen in den sozialen Medien von Erschießungen fantasiert und zu Gewalttaten aufruft, kann für andere Studenten kein gutes Vorbild sein. Wir haben daher heute im Wissenschaftsausschuss unsere klare Erwartung geäußert, dass an der Uni ein Ausschlussverfahren eingeleitet werden sollte. Es wäre aber sicherlich besser für das Ansehen dieses Gremiums, wenn Herr Rüstemeier freiwillig zurücktritt“, sagte der forschungspolitische Sprecher der Fraktion, Adrian Grasse.

Die AfD im Abgeordnetenhaus fand inzwischen heraus, dass Rüstemeier seinerzeit mit nur 29 Stimmen in den Senat gewählt wurde. Mögliche Wähler waren rund 40.000. Und so stellt sich die Frage: Welche demokratische Legitimation haben überhaupt Leute wie Rüstemeier, in den Akademischen Senat der Humboldt-Uni einzuziehen?

 




Civey-Umfrage: 58 Prozent für das Linksbündnis, das Berlin herunterwirtschaftet

BERLIN – Mehr als 70 Prozent der Berliner sind unzufrieden mit der Arbeit des rot-rot-grünen Senats. Das ist das aktuelle Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitus Civey im Auftrag des Tagesspiegels. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) kommt sogar nur auf den achten Platz der beliebtesten Politiker unserer Metropole. Vorn steht Kultursenator und Bürgermeister Klaus Lederer (Linke). Selbst Finanzsenator Matthias Kollatz und Gesundheitssenatorin Dilek Kolat von der SPD stehen im Ranking vor dem Regierenden.

Das könnte die Stunde der Opposition sein, die jetzt durch eine massive Wechselstimmung der Berliner getragen wird. Doch mitnichten! In der Umfrage wird eine klare Mehrheit von Rot-Rot-Grün in Berlin dokumentiert. Die Grünen sind die Gewinner, die SPD ist der Verlierer – aber Berlin bleibt links-grün, und das  mit großem Abstand.

Hier die Zahlen der Sonntagsfrage: Grüne 24,7%, Linke 18,7%, CDU 17,2%, SPD 14,6%, AfD 11,1%  und FDP 6,3%.

Einzige Erklärung für diese erstaunlichen Ergebnisse: Die bürgerlichen Parteien, insbesondere die CDU, werden von den Bürgern nicht als eine echte Alternative wahrgenommen…

 




Senat will das Mietrecht modernisieren

Berlin – In seiner jüngsten Sitzung hat der Berliner Senat beschlossen, einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des sozialen Mietrechts (Mietrechtsmodernisierungsgesetz) beim Bundesrat einzubringen. Ziel der Gesetzesinitiative ist es, alle Mieter wirkungsvoll vor „rasant steigenden Mieten“ zu schützen.

Senatorin Katrin Lompscher (Linke): „Kein Mieterhaushalt soll zukünftig mehr wegen steigender Mieten seine Wohnung verlieren. Allgemeine Mieterhöhungen sowie nach Modernisierung sollen mit der Bundesratsinitiative eingeschränkt, die Mietpreisbremse geschärft, das Instrument des Mietspiegels gestärkt und Mietpreisüberhöhungen besser verfolgt werden.“

Der Berliner Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen folgende Verbesserungen vor:

Mietpreisbremse

  • Die Befristung der Mietpreisbremse wird aufgehoben.
  • Zwei Ausnahmeregelungen von der Mietpreisbremse werden gestrichen: So gilt die Mietpreisbremse künftig auch im Falle einer höheren Vormiete und bei umfassend modernisierten Wohnungen.
  • Bei Vermietung einer möblierten oder teilmöblierten Wohnung wird der Möblierungszuschlag auf einen angemessenen Betrag begrenzt.
  • Der Verstoß gegen die Regelungen der Mietpreisbremse wird neu als Ordnungswidrigkeit im Wirtschaftsstrafgesetz definiert und kann behördlich verfolgt werden.

Mieterhöhungen im Bestand

  • Mieterhöhungen um bis zu 20 Prozent, in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten um höchstens 15 Prozent (Kappungsgrenze), sollen nur noch innerhalb von fünf Jahren möglich sein. Bislang gilt ein Zeitraum von drei Jahren. Das Mieterhöhungspotenzial sinkt somit um 40 Prozent.
  • Die Datenbasis für die Abbildung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Mietspiegel wird erweitert. Zukünftig sollen alle Mietänderungen und Neuabschlüsse der letzten zehn Jahre – und nicht wie bisher der letzten vier Jahre – zur Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete berücksichtigt werden.
  • Bei Existenz eines qualifizierten Mietspiegels wird nur noch dieser als Begründungsmittel für eine Mieterhöhung anerkannt. Die Anforderungen an die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels werden klarer gefasst.

Mieterhöhungen nach Modernisierung

  • Die Modernisierungsumlage wird von elf auf sechs Prozent gesenkt.
  • Die Modernisierungsumlage soll nur noch bei bestimmten Maßnahmen greifen: Es können lediglich noch Modernisierungskosten für energetische Modernisierungsmaßnahmen und barrieremindernde Maßnahmen umgelegt werden. Die Modernisierungsumlage wird zudem auf den Zeitraum der Refinanzierung der eingesetzten Modernisierungskosten beschränkt. Weiterhin wird für die Höhe der Modernisierungsumlage eine absolute Kappungsgrenze von zwei Euro je Quadratmeter monatlich für einen Zeitraum von acht Jahren eingeführt. Abweichend davon darf in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten die Miete nach Modernisierung zukünftig die ortsübliche Vergleichsmiete nicht mehr als zehn Prozent übersteigen.
  • Die Härtefallklausel wird konkretisiert: Ein wirtschaftlicher Härtefall soll in der Regel dann vorliegen, wenn der Mieterhaushalt mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens für die Miete einschließlich der Heizkosten ausgeben muss.

Kündigungsschutz

  • Der Kündigungsschutz der Mieterinnen und Mieter bei Zahlungsverzug wird verbessert. Mieterinnen und Mieter sollen ihre Wohnung auch bei einer ordentlichen Kündigung behalten können, wenn sie den Mietrückstand rechtzeitig nachzahlen. Bislang bestand diese Möglichkeit nur im Fall einer außerordentlichen Kündigung.

Mietspiegel

  • Die Datenbasis für die Abbildung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Mietspiegel wird erweitert. Zukünftig sollen alle Mietänderungen und Neuabschlüsse der letzten zehn Jahre – und nicht wie bisher der letzten vier Jahre – zur Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete berücksichtigt werden.
  • Bei Existenz eines qualifizierten Mietspiegels wird nur noch dieser als Begründungsmittel für eine Mieterhöhung anerkannt. Die Anforderungen an die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels werden klarer gefasst.

Verschärfung des Wirtschaftsstrafgesetzes

  • Um unzulässige Mietpreisüberhöhungen auch ordnungsrechtlich erfolgreich verfolgen zu können, wird die sich hierauf beziehende Regelung im Wirtschaftsstrafgesetz praxistauglich geändert.

Damit die Berliner Initiative Gesetzeskraft erlangen kann, sind die Zustimmung des Bundesrates und der Beschluss durch den Deutschen Bundestag notwendig.




Vom totalen Versagen einer Stadtregierung

von KLAUS KELLE

Vergangene Woche war ich wieder zwei Tage in Berlin. Ende der achtziger Jahre habe ich sogar sieben Jahre in der – zu Beginn noch – geteilten Stadt gelebt. Und ich mag Berlin, auch wenn mancher meiner Leser mir diese heimliche Liebe übel nimmt. Berlin, das ist Leben rund um die Uhr, das ist Kultur, das ist eine dramatische Historie, das ist das Zentrum der deutschen Politik. Und bevor Sie mir vom offenen Drogenhandel, von Kriminalität, der Kluft zwischen Ost und West schreiben: ja, Berlin ist das auch alles. In vielen Beiträgen habe ist das Arm-aber-Sexy-Gequatsche von Klaus Wowereit, den Görlitzer Park, das Unvermögen, einen Hauptstadt-Flughafen zu bauen, und Subventionen für Linksextremisten scharf kritisiert. Ich weiß, dass hier nicht alles glänzt, was Gold ist. Aber den Puls der Stadt, die schnoddrigen Taxifahrer, die Theater und Clubs – ja, die mag ich und dazu stehe ich.

Mit der aktuellen rot-rot-grünen Senat schickt sich die 3,5-Millionen-Metropole allerdings an, immer scheller auf den Abgrund zuzurutschen. Die „Gesamtausgaben Asyl“ explodierten in 2017 von ursprünglich geplanten 478 Millionen Euro um 85 Prozent auf kaum zu fassende 886 Millionen Euro.

Und wenn es darum geht, eigene politische Freunde finanziell üppig zu versorgen, lässt sich Berlin auch nicht lumpen. Der Etat für die sogenannte „Stärkung der Demokratie im Kampf gegen Rechtsextremismus“ soll von 3,3 Millionen Euro im vergangenen Jahr um satte 600.000 Euro auf 3,9 Millionen Euro 2018 steigen. 2015 reichten noch 2,5 Millionen Euro. Vor allem aber: Was hat es gebracht im Kampf gegen den Rechtsextremismus?

Ein erfolgreicher Kampf des wackeren Senats gegen den Islamismus in der Metropole ist nicht einmal im Ansatz zu erkennen. Statt dessen brannten im Dezember 2017 am Brandenburger Tor Israel-Fahnen. Deutschland im Jahr 2018.

Und die Ur-Berliner? Die Bezieher von Arbeitslosengeld und Hartz IV? Fast jeder sechste (!) Berliner lebt von diesen Transferleistungen. Fast 400.000 Einwohner der deutschen Hauptstadt sind überschuldet. Entlastung? Solidarisches Miteinander? Bekämpfung der Obdachlosigkeit? 50.000 Menschen seien betroffen, schätzt der Senat im laufendem Jahr. Arm aber sexy? Was für ein dämlicher Spruch von Herrn Wowereit. Da frieren Menschen nachts in öffentlichen Parks, S-Bahnhöfen und den Vorräumen von Sparkassen mit Geldautomat. Es ist eine Schande, dass die Hauptstadt eines der reichsten Länder der Welt nicht einmal den Versuch unternimmt, diese armen Leute aus ihrer Not zu holen.

Berlin ist eine lebendige, pulsierende Stadt. Aber warum diese Versager im Senat immer wieder gewählt werden, verstehe ich nicht. Möglicherweise sind die Alternativen auch nicht so prickelnd…